Magda Wajsen

Enkelin eines polnischen Überlebenden des KZ Neuengamme

Magda stand ihrem Großvater sehr nahe. Viele ihrer Kindheitserinnerungen sind verbunden mit dem Garten der Großeltern, den Magda heute pflegt.
Magdas Großvater überlebte als einer von wenigen Häftlingen des KZ Neuengamme die Bombardierung der Häftlingsschiffe in der Lübecker Bucht vom 3. Mai 1945.
Im Briefkasten ihrer verstorbenen Großeltern fand Magda im Jahr 2014 Post der KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Seitdem steht Magda in Kontakt mit der Gedenkstätte.
Als Mitglied des Vereines „Hüter der Erinnerung“ hilft Magda Angehörigen, die Gräber ihrer Verwandten zu finden.

Magda Wajsen, geb. 1978, lebt in Zentralpolen. Sie engagiert sich ehrenamtlich im Verein „Hüter der Erinnerung“, der sich um die Pflege des jüdischen Friedhofs von Łódź kümmert. Zudem setzt sie sich als Betriebsratsmitglied für die Rechte ihrer Kolleg*innen ein.

Ihr Großvater Kazimierz Wajsen, geb. 1923, lebte im damaligen ostpolnischen Lwów (heute: Lwiw) und musste schon als Jugendlicher Geld verdienen. Im Jahr 1942 verschleppten ihn die deutschen Besatzer als Zwangsarbeiter nach Deutschland. Aufgrund des Vorwurfes, an einer illegalen Versammlung teilgenommen zu haben, kam er 1944 in das Arbeitserziehungslager „Langer Morgen“ in Hamburg-Wilhelmsburg. Dort warf man ihm Sabotage vor, woraufhin er in das KZ Neuengamme eingewiesen wurde. Er überlebte und arbeitete nach dem Krieg als Büroangestellter.

Historischer Hintergrund

Die Besetzung Polens

Am 1. September 1939 überfielen deutsche Truppen Westpolen. Gemäß eines geheimen Zusatzprotokolls des „Hitler-Stalin-Paktes“ besetzte die Sowjetunion wenig später Ostpolen. Als deutsche Truppen 1941 die Sowjetunion überfielen, wurde Ostpolen deutsch besetzt. Die deutsche Besatzungsherrschaft war von Hunger, Seuchen, Zwangsarbeit, Verschleppung und Mord geprägt. Fast sechs Millionen Pol*innen starben einen gewaltsamen Tod, die Hälfte von ihnen waren Jüdinnen*Juden. Im August 1944 erhob sich die polnische Untergrundarmee „Armia Krajowa“ in Warschau gegen die Besatzungsmacht. Deutsche Einheiten schlugen den 63 Tage andauernden Aufstand blutig nieder, ermordeten und deportierten hunderttausende Einwohner*innen Warschaus und zerstörten die Stadt.

Polnische Zwangsarbeiter*innen

Während des Zweiten Weltkrieges wurden ca. 2,8 Millionen nichtjüdische polnische Zivilist*innen zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt. Dort mussten sie unter harten Bedingungen und für einen sehr niedrigen Lohn in der Landwirtschaft und in der Industrie arbeiten. Die Ernährung war unzureichend und die Unterbringung und medizinische Versorgung oft menschenunwürdig. Der Alltag der polnischen Zwangsarbeiter*innen war von Rassismus geprägt. Bei geringen Vergehen oder angeblichen Verstößen gegen die speziell ihnen auferlegten Regeln („Polenerlasse“), drohte die Einweisung in „Arbeitserziehungs-“ oder Konzentrationslager. Polnische Jüdinnen*Juden wurden von Anbeginn in Ghettos und Konzentrationslager gesperrt und ab 1942 systematisch ermordet.

Die kommunistische Herrschaft in Polen

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs übernahm die kommunistische Partei in Polen die Macht und errichtete eine Diktatur. Der Großteil der Bevölkerung lehnte die politische Umgestaltung Polens nach sowjetischem Vorbild ab. Die schlechte wirtschaftliche Lage des Landes führte immer wieder zu Protesten, die militärisch niedergeschlagen wurden. Nach landesweiten Streiks wurde im Jahr 1980 die Gewerkschaft „Solidarność“ gegründet, die weitreichende Reformen forderte. Die Regierung verhängte daraufhin den Kriegszustand und inhaftierte Aktivist*innen. Um ihre Macht zu sichern, ließ die Regierung ab 1986 einige wenige Reformen zu. Im Jahr 1989 brach jedoch auch in Polen das kommunistische System zusammen.

Erinnerungskultur in Polen

Die deutsche Besetzung Polens im Zweiten Weltkrieg ist ein zentrales Thema der polnischen Erinnerungskultur. Dabei wird vor allem der polnische Widerstand betont. Bis 1987 wurden in Polen ca. 17.500 Gedenktafeln und Erinnerungsstätten eingerichtet, die an nationalsozialistische Verbrechen erinnern. Erst nach der politischen Wende in Osteuropa wurde es zu Beginn der 1990er Jahre möglich, auch an Verbrechen zu erinnern, die während der sowjetischen Besatzung Ostpolens von 1939 bis 1941 begangen wurden.

Obwohl von den sechs Millionen unter deutscher Besatzung ermordeten Pol*innen die Hälfte Jüdinnen*Juden waren, fand auch der Holocaust erst ab 1990 größere öffentliche Aufmerksamkeit. Seit der nationalkonservativen Wende in Polen wird eine Aufarbeitung der polnischen Mitwirkung am Holocaust erschwert.

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