Europa unter deutscher Besatzung

Belgien

Im Mai 1940 besetzte die Wehrmacht Belgien und errichtete eine Militärverwaltung. Im Herbst 1940 erließ die Besatzungsmacht daraufhin erste antijüdische Maßnahmen. Ab Juli 1942 wurden schließlich über 25.000 Jüdinnen*Juden aus Belgien in Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert. Nur wenige überlebten. Etwa 20.000 Jüdinnen*Juden gelang es jedoch, vor der Deportation unterzutauchen oder zu fliehen. Ab Oktober 1942 wurden außerdem zehntausende nichtjüdische Belgier*innen zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt. Einige Belgier*innen kollaborierten mit dem Besatzungsregime, die Mehrheit lehnte es hingegen ab. In der Bevölkerung entwickelte sich immer mehr Widerstand, den die Besatzungsmacht mit Verhaftungen und Deportationen in Konzentrationslager bekämpfte.

Frankreich

Im Mai 1940 marschierte die Wehrmacht in Frankreich ein. Im Juni wurde daraufhin ein Waffenstillstand geschlossen und das Land geteilt: Der Norden kam unter deutsche Militärverwaltung, wohingegen der Süden zunächst souveränes französisches Staatsgebiet mit Vichy als Hauptstadt blieb. Französische Stellen kollaborierten im ganzen Land mit der Besatzungsmacht, auch bei Verhaftungen und der Deportation von über 75.000 Jüdinnen*Juden. Ab 1942 formierte sich zunehmend Widerstand, den die Besatzungstruppen brutal bekämpften. In Reaktion auf angebliche oder tatsächliche Anschläge und Widerstandsaktionen führten Wehrmacht und SS in vielen Orten Frankreichs „Vergeltungsaktionen“ gegen die Zivilbevölkerung durch. Viele Frauen und Männer wurden verhaftet, in Konzentrationslager verschleppt oder vor Ort erschossen.

Jugoslawien

Im Jahr 1941 besetzten deutsche und italienische Truppen Jugoslawien. Das Königreich wurde geteilt. Serbien fiel unter deutsche Verwaltung. Slowenien wurde zwischen Deutschland, Italien und Ungarn aufgeteilt. Bosnien und Herzegowina, Kroatien sowie ein Teil Serbiens wurden zum „Unabhängigen Staat Kroatien“ zusammengefasst und ein faschistisches Regime unter Ante Pavelić wurde eingesetzt. Die von der jugoslawischen Volksbefreiungsarmee unter Josip Broz, genannt Tito, dominierten Partisan*innen erhielten ab 1943 immer mehr Zulauf. Sie kämpften gegen die Besatzungstruppen sowie deren faschistische Unterstützer*innen im eigenen Land. Nach dem Krieg schlossen sich die besetzten Teilstaaten zur kommunistischen Föderativen Volksrepublik Jugoslawien unter der Führung von Tito zusammen.

Die Niederlande

Die Niederlande wurden im Mai 1940 von der Wehrmacht besetzt. Die deutsche Besatzungsmacht hegte dabei die Hoffnung, die niederländische Bevölkerung würde sich deutschfreundlich verhalten. Nach Verhaftungen von Jüdinnen*Juden kam es im Jahr 1941 jedoch zu einem Solidaritätsstreik, der niedergeschlagen wurde. Ab 1942 nahm die Verschleppung von Niederländer*innen zu Zwangsarbeiten nach Deutschland massiv zu. Auf den sich verstärkenden Widerstand reagierte das Besatzungsregime mit brutalen Vergeltungsmaßnahmen. Einige Niederländer*innen und Behörden kollaborierten aber auch und ermöglichten so etwa die Erfassung und Deportation von Jüdinnen*Juden. Insgesamt fielen ca. 102.000 Jüdinnen*Juden aus den Niederlanden dem Holocaust zum Opfer. Am 5. Mai 1945 wurden die Niederlande befreit.

Polen

Am 1. September 1939 überfielen deutsche Truppen Westpolen. Gemäß eines geheimen Zusatzprotokolls des „Hitler-Stalin-Paktes“ besetzte die Sowjetunion wenig später Ostpolen. Als deutsche Truppen 1941 die Sowjetunion überfielen, wurde Ostpolen deutsch besetzt. Die deutsche Besatzungsherrschaft war von Hunger, Seuchen, Zwangsarbeit, Verschleppung und Mord geprägt. Fast sechs Millionen Pol*innen starben einen gewaltsamen Tod, die Hälfte von ihnen waren Jüdinnen*Juden. Im August 1944 erhob sich die polnische Untergrundarmee „Armia Krajowa“ in Warschau gegen die Besatzungsmacht. Deutsche Einheiten schlugen den 63 Tage andauernden Aufstand blutig nieder, ermordeten und deportierten hunderttausende Einwohner*innen Warschaus und zerstörten die Stadt.

Ungarn

Ungarn trat im Jahr 1940 an der Seite Deutschlands in den Zweiten Weltkrieg ein. Als sich der Kriegsverlauf wendete, nahm Ungarn Kontakt zu den Alliierten auf. Im März 1943 wurde das Land daraufhin von der deutschen Wehrmacht besetzt. Zuvor waren bereits tausende Jüdinnen*Juden Opfer antisemitischer Gewalt in Ungarn geworden. Ab Mai 1944 wurden unter deutscher Verantwortung über 430.000 Jüdinnen*Juden nach Auschwitz-Birkenau deportiert und dort größtenteils ermordet. Im Oktober 1944 entmachteten die faschistischen Pfeilkreuzler die formal noch amtierende ungarische Regierung unter Miklós Horthy. Kurz darauf ermordeten Pfeilkreuzler bei Pogromen in Budapest tausende Jüdinnen*Juden aus dem örtlichen Ghetto. Insgesamt fielen etwa 565.000 ungarische Jüdinnen*Juden dem Holocaust zum Opfer.

Befreiung der Konzentrationslager

Zwischen Juli 1944 und Mai 1945 befreiten die Alliierten zahlreiche Konzentrationslager. Die Soldaten der britischen, sowjetischen, französischen, kanadischen und US-amerikanischen Armee waren mit katastrophalen Zuständen konfrontiert: Der Anblick von Leichenbergen und abgemagerten Häftlingen schockierte sie. Trotz medizinischer Versorgung erholten sich viele Überlebende nicht. Die Befreier dokumentierten die Zustände in den Konzentrationslagern mit Fotos und Filmaufnahmen. Diese Zeugnisse waren für Gerichtsprozesse relevant und sind bis heute wichtige Quellen der Forschung. Zwischen Befreiern und Befreiten entwickelten sich teilweise Freundschaften. Bis ins hohe Alter nahmen ehemalige alliierte Militärangehörige an den Feierlichkeiten zu den Jahrestagen der Befreiung teil.

Der Zweite Weltkrieg und seine Folgen in anderen Ländern

Die Situation der Skihs nach der Unabhängigkeit Indiens

Die Kolonie Britisch-Indien beteiligte sich auf Seiten Großbritanniens am Zweiten Weltkrieg. Indien befand sich zu dieser Zeit bereits seit längerem in einem Unabhängigkeitskampf. Religiöse und ethnische Auseinandersetzungen führten im Jahr 1947 zur Gründung zweier unabhängiger Staaten: das mehrheitlich hinduistische Indien und das überwiegend muslimische Pakistan. Massenflucht und Gewalt waren die Folge. Der Punjab, das nordindische Gründungsgebiet des Sikhismus, war nunmehr geteilt. Viele Sikhs forderten deshalb einen eigenen Staat. In den 1970er Jahren erstarkten die Unabhängigkeitsbestrebungen der Sikhs. In Reaktion auf diese Bewegungen stürmten indische Truppen im Jahr 1984 das höchste Heiligtum des Sikhismus, den Goldenen Tempel. Hunderte Sikhs starben. Daraufhin töteten Sikh-Leibwächter die Premierministerin Indira Gandhi, die die Stürmung des Tempels angeordnet hatte.

Sikhismus

Sikhismus ist eine Religion, die im 16. Jahrhundert in Indien entstand. Der Begründer des Sikhismus, der erste Guru Nanak Dev, stellte das Kastenwesen sowie hinduistische Traditionen und Rituale in Frage. Er sah sich als Reformer des Hinduismus und des Islams. Sikhs suchen nach Erleuchtung, Weiterentwicklung und Verbesserung des Karmas durch gute Taten. Ein äußeres Merkmal der Sikhs ist ihr Turban und ungeschnittenes Haar. Im 17. Jahrhundert wurde als Ausdruck von Geschwisterlichkeit ein gemeinsamer Nachname eingeführt: Männer heißen Singh und Frauen Kaur. Alkohol-, Tabak- und Drogenkonsum sind den Sikhs untersagt. Weltweit gibt es ca. 25 Millionen Anhänger*innen, davon in Deutschland ca. 25.000. In Deutschland sind Sikhs immer wieder mit Rassismus konfrontiert.

Indonesien

Indonesien war seit Beginn des 17. Jahrhundert eine Kolonie der Niederlande. Als Deutschland die Niederlande im Jahr 1940 angriff, wurden deutsche Staatsangehörige in Indonesien vorübergehend interniert. Im März 1942 besetzte Japan Indonesien. Viele Indonesier*innen begrüßten die japanische Besatzungsmacht zunächst als Befreier vom Kolonialismus. Dies änderte sich, als Millionen Indonesier*innen zu Zwangsarbeiten rekrutiert wurden, von denen Hunderttausende starben. Ca. 100.000 Niederländer*innen, Indo-Europäer*innen, Chines*innen und Molukker*innen wurden interniert. 1945 rief Indonesien seine Unabhängigkeit aus. Nach militärischen Auseinandersetzungen erkannten die Niederlande diese 1949 an. Viele Indo-Europäer*innen sowie Molukker, die in der niederländischen Kolonialarmee gedient hatten, verließen daraufhin das Land.

Der Spanische Bürgerkrieg und die Diktatur Francos

Spanischer Bürgerkrieg

Im Juli 1936 führten konservative, monarchistische und faschistische Militärs einen Putsch gegen die demokratische Regierung Spaniens durch. Die Regierung bestand aus einem Bündnis linker Organisationen und Parteien, die mit einem Teil des spanischen Heeres Widerstand gegen die Putschisten leisteten. In einigen Regionen setzten Arbeiter*innen und Gewerkschaften eine soziale Revolution in Gang, indem sie Land und Betriebe kollektivierten und selbst verwalteten. Militärische Unterstützung erhielten die Republikaner*innen von der Sowjetunion und von Mexiko sowie von zehntausenden antifaschistischen Freiwilligen. Die Putschisten unter General Francisco Franco wurden hingegen militärisch von dem faschistischen Italien und dem Deutschen Reich unterstützt. Der Bürgerkrieg endete im April 1939 mit dem Sieg Francos.

Franco-Diktatur

Mit der Machtübernahme des Diktators Francisco Franco im Jahr 1939 waren Republikaner*innen und ihre Unterstützer*innen in Spanien massiven Repressionen ausgesetzt. Franco ließ 1,5 Millionen Menschen in Konzentrationslager verschleppen und Hunderttausende ermorden. Aus Angst vor Repressionen verhielten sich viele Familien über Generationen hinweg unpolitisch. Die ersten Jahre der Diktatur waren von Hunger, Arbeitslosigkeit und internationaler Isolation geprägt. Erst Ende der 1950er Jahre setzte unter anderem aufgrund des zunehmenden Tourismus ein Wirtschaftsaufschwung ein. Eine politische Öffnung des Landes blieb allerdings aus. Trotz Widerstand und Protesten blieb Franco bis zu seinem Tod im Jahr 1975 an der Macht.

Verfolgung von Menschen im Nationalsozialismus

„Euthanasie“-Morde

Im Nationalsozialismus wurde der Mord an Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen sowie an psychisch Erkrankten beschönigend „Euthanasie“ (griechisch: schöner Tod) genannt. Von 1939 bis 1945 wurden ca. 300.000 Menschen in Deutschland und den besetzten Gebieten ermordet und ca. 400.000 Menschen unfruchtbar gemacht. Ärzt*innen und Pflegepersonal töteten die Betroffenen durch Nahrungsentzug, mit Medikamenten und mit Gas. Unter den Ermordeten waren viele Kinder und Jugendliche mit Entwicklungsverzögerungen. Als sich Unmut in der Bevölkerung regte und Kirchenvertreter*innen protestierten, wurden die Gas-Morde 1941 offiziell für beendet erklärt. Die Tötungen gingen jedoch bis 1945 weiter. Die meisten der an den Morden Beteiligten mussten sich für ihr Handeln nach Kriegsende nicht verantworten.

Linker Widerstand gegen den Nationalsozialismus

Die meisten Widerstandsaktivitäten gegen das NS-Regime kamen aus dem Umfeld der organisierten Arbeiterbewegung. Kommunist*innen, Sozialist*innen, Sozialdemokrat*innen, Anarchist*innen und Gewerkschafter*innen waren die ersten, die 1933 verfolgt und in Konzentrationslager verschleppt wurden. Viele von ihnen setzten dennoch ihre antifaschistische Arbeit im Untergrund fort, hielten Kontakt zueinander, unterstützten Verfolgte oder verteilten Flugblätter und Zeitungen. Militanter Widerstand wurde unter anderem in Form von Anschlägen oder durch die Weitergabe von militärischen Informationen an die Alliierten geleistet. Parteiübergreifende Widerstandszirkel entwickelten sich auch unter Freund*innen, Arbeitskolleg*innen und unangepassten Jugendlichen.

Polnische Zwangsarbeiter*innen

Während des Zweiten Weltkrieges wurden ca. 2,8 Millionen nichtjüdische polnische Zivilist*innen zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt. Dort mussten sie unter harten Bedingungen und für einen sehr niedrigen Lohn in der Landwirtschaft und in der Industrie arbeiten. Die Ernährung war unzureichend und die Unterbringung und medizinische Versorgung oft menschenunwürdig. Der Alltag der polnischen Zwangsarbeiter*innen war von Rassismus geprägt. Bei geringen Vergehen oder angeblichen Verstößen gegen die speziell ihnen auferlegten Regeln („Polenerlasse“), drohte die Einweisung in „Arbeitserziehungs-“ oder Konzentrationslager. Polnische Jüdinnen*Juden wurden von Anbeginn in Ghettos und Konzentrationslager gesperrt und ab 1942 systematisch ermordet.

Spanier*innen in deutschen Konzentrationslagern

Hunderttausende Spanier*innen flohen während des Spanischen Bürgerkrieges vor den Truppen Francos in das benachbarte Frankreich. Dort kamen viele von ihnen in Internierungslager. Ab April 1939 verpflichtete die französische Regierung männliche Asylsuchende zum Arbeitsdienst in Fremdarbeiterkompanien. Diese Kompanien unterstanden dem Militär. Tausende Spanier traten darüber hinaus der französischen Armee bei. Nach dem deutschen Überfall auf Frankreich gelangten etwa 10.000 Spanier aus den Fremdarbeiterkompanien und der französischen Armee in deutsche Kriegsgefangenschaft. Viele von ihnen wurden später in Konzentrationslager verschleppt. In den Folgejahren wurden auch Spanier*innen, die sich dem französischen Widerstand angeschlossen oder Arbeitsdienste für die deutsche Besatzungsmacht verweigert hatten, in Konzentrationslager deportiert.

Verfolgung von Sinti* und Roma* im Nationalsozialismus

Roma* und Sinti* wurden im Nationalsozialismus verfolgt und ermordet. Angehörige der Minderheit wurden außerdem unfruchtbar gemacht. Sie mussten Zwangsarbeit leisten und in Zwangslagern im Deutschen Reich leben. Mitarbeiter*innen der „Rassenhygienischen und bevölkerungsbiologischen Forschungsstelle“ fertigten rassistische Gutachten an, die als Grundlage für die Deportation von Angehörigen der Minderheit dienten. Ab Mai 1940 ließ die Kriminalpolizei zehntausende Sinti* und Roma* in nationalsozialistische Konzentrations- und Vernichtungslager im besetzten Polen deportieren. In den deutsch besetzten Gebieten Ost- und Südosteuropas erschossen Mordkommandos von Polizei und SS zudem zehntausende Roma*.

Am 16. Dezember 1942 unterzeichnete der Reichsführer SS Heinrich Himmler den sogenannten Auschwitz-Erlass, der die Deportation europäischer Sinti* und Roma* in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau anordnete. Dieser Erlass stellt den Beginn der Verschärfung der Verfolgungspraxis dar, die auf die Auslöschung der Kultur und des Lebens der Sinti* und Roma* abzielte. Dem Genozid fielen nach aktuellem Forschungsstand schätzungsweise bis zu 500.000 Roma* und Sinti* aus ganz Europa zum Opfer. Die Gesamtzahl aller in Europa Ermordeten ist bis heute unbekannt.

Die Begriffe Roma* und Sinti* bezeichnen teils sehr unterschiedliche Personengruppen mit vielfältigen Erfahrungen, Hintergründen und Geschichten; darunter jenen von NS-Verfolgung, aber auch von Zuwanderung.

Beteiligung am Nationalsozialismus

Mitglieder der NSDAP

Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) war eine politische Partei, die antidemokratische, antikommunistische und antisemitische Positionen vertrat. Seit 1921 übernahm Adolf Hitler das Amt des Parteivorsitzenden. Er baute die Partei strikt hierarchisch, mit ihm an der Spitze, auf.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialist*innen war die NSDAP die einzig zugelassene Partei. Wichtige Schlüsselpositionen im Staat, in Behörden und in der Wirtschaft wurden mit Parteimitgliedern besetzt. Dies führte zu enorm steigenden Mitgliederzahlen. Am Ende des Zweiten Weltkriegs hatte die NSDAP ca. 9 Millionen Mitglieder. Die Beweggründe für einen Beitritt waren unterschiedlich. Sie reichten von politischen Überzeugungen bis hin zu Karrierevorteilen und Aufstiegschancen.

Die Polizei im Nationalsozialismus

Viele Polizist*innen wirkten von Anfang an bereitwillig an der Festigung der nationalsozialistischen Herrschaft mit.

Gestapo, Kriminalpolizei und Sicherheitsdienst (SD) waren Teil der „Sicherheitspolizei“. Die Gestapo bekämpfte vor allem den politischen Widerstand. Die Kriminalpolizei verfolgte Homosexuelle sowie „Berufsverbrecher“ und „Asoziale“. Kriminalbeamte gehörten auch den Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD an, die Massenmorde an der Zivilbevölkerung in Polen und der Sowjetunion verübten.

Die Ordnungspolizei bestand aus verschiedenen uniformierten Polizeien, darunter der „Schutzpolizei“, die u.a. Deportationszüge in Ghettos sowie Konzentrations- und Vernichtungslager sicherte. Angehörige der Ordnungspolizei waren in Polizeibataillonen ebenfalls an Mordaktionen beteiligt.

Soldaten in der Wehrmacht und Waffen-SS

Ab 1933 wurde das deutsche Militär personell und materiell aufgerüstet. Im Jahr 1935 wurde die Wehrpflicht wieder eingeführt und Adolf Hitler zum Obersten Befehlshaber. Kriegsverbrechen waren seit Beginn des Krieges Teil der deutschen Kriegsführung. Wehrmacht und Waffen-SS waren insbesondere in den besetzten Ländern Südost- und Osteuropas an der Ermordung von Jüdinnen*Juden, Roma* und sowjetischen Kriegsgefangenen beteiligt. Sie waren zudem mitverantwortlich für die Ausplünderung der besetzten Länder, millionenfache Zwangsarbeit und Mordaktionen an weiteren Gruppen aus der Zivilbevölkerung. Im Krieg starben mehr als 5 der 18 Millionen Soldaten von Wehrmacht und Waffen-SS, die zwischen 1939 und 1945 eingezogen wurden. Etwa 11 Millionen deutsche Soldaten gerieten in Kriegsgefangenschaft.

Hilfe für Jüdinnen*Juden

Der Großteil der Deutschen beteiligte sich im Nationalsozialismus aktiv an der Ausgrenzung und Ermordung von Jüdinnen*Juden, profitierte von deren Enteignung oder schaute stillschweigend zu. Nur wenige Deutsche halfen Jüdinnen*Juden. Eine kleine Minderheit riskierte ihr Leben, indem sie Jüdinnen*Juden in Häusern und Wohnungen versteckte, ihnen gefälschte Papiere besorgte oder Fluchthilfe leistete. Unter den Retter*innen waren Männer und Frauen unterschiedlichen Alters und verschiedener Glaubensrichtungen aus allen Schichten der Gesellschaft. Sie handelten aus vielfältigen Motiven. Seit 1953 ehrt die israelische Gedenkstätte Yad Yashem nichtjüdische Retter*innen als „Gerechte unter den Völkern“.

Kunst im Nationalsozialismus

Ab 1933 wurde der Kulturbereich einem zentralisierten Kontrollapparat unterworfen. Jüdische Künstler*innen und jene, deren Werke als „undeutsch“ galten, erhielten Arbeitsverbote. Karriere machten dagegen Künstler*innen, die sich an das nationalsozialistische Kunstverständnis anpassten. Moderne Kunst galt im Nationalsozialismus als „entartet“ und wurde 1936 verboten. In Ausstellungen wurden stattdessen Statuen von muskulösen Männerkörpern ausgestellt und Gemälde von Landschaften, Stillleben, kleinbürgerlichen Idyllen und kriegerischen Szenen gezeigt, die dem NS-Ideal entsprachen. In Deutschland und den besetzten Ländern beschlagnahmte und raubte das NS-Regime tausende Kunstobjekte. Viele Werke wurden verkauft und vermeintlich „wertlose“ Kunst wurde zerstört.

Musik im Nationalsozialismus

Das NS-Regime lehnte moderne Musikrichtungen ab. Es setzte vielmehr auf Propagandalieder, Märsche, deutsche Klassik, Tanzmusik und Schlager mit unverfänglichen Texten. Einige Musiker*innen ließen sich von der Propaganda einspannen, andere, die sich nicht anpassen wollten, zogen sich ins Private zurück. Diejenigen, die sich den Musikvorstellungen des NS-Regimes anpassten, hatten gute Karriereoptionen. Manche Komponist*innen nutzten Elemente von Jazz und Swing, obwohl diese Musikstile aufgrund ihrer afroamerikanischen Herkunft unerwünscht waren. Jüdische und politisch unerwünschte Künstler*innen wurden schließlich aus öffentlichen Ämtern entlassen und erhielten Arbeitsverbote; für viele blieb nur die Emigration.

Diskriminierung in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg

Situation ehemals politisch Verfolgter in der BRD

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs schlossen sich viele ehemals politisch Verfolgte in Verbänden zusammen. Die öffentliche Anerkennung politischer Verfolgung beschränkte sich in der 1949 gegründeten BRD zunächst auf den bürgerlichen und militärischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Kommunistische Widerstandskämpfer*innen galten in der BRD dagegen, vor dem Hintergrund des Kalten Krieges, als „Feinde der Demokratie“. Sie erhielten jahrzehntelang keine Entschädigungszahlungen. Mitglieder der 1947 gegründeten „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN)“ wurden zeitweise nicht im öffentlichen Dienst beschäftigt. Die Vereinigung selbst war in den 1950er Jahren in einigen Bundesländern verboten.

Jüdinnen*Juden in der DDR

Wenige Jüdinnen*Juden kehrten nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland zurück. Nur einige Hundert Jüdinnen*Juden zogen in die sowjetisch besetzte Zone und spätere DDR. Unter ihnen waren vor allem sozialistisch oder kommunistisch eingestellte Jüdinnen*Juden. Trotz ihres Idealismus galten sie in der DDR als Verfolgte zweiter Klasse. Die DDR vertrat nach außen das Bild eines antifaschistischen Staates und doch gab es auch dort Antisemitismus. In den 1950er Jahren kam es in der DDR zu einer antisemitischen Propagandawelle. Die ohnehin kleine jüdische Gemeinde war nun noch mehr Repressionen ausgesetzt. Viele Jüdinnen*Juden flohen daraufhin in den Westen. Gegenüber dem Staat Israel nahm die DDR bereits früh eine ablehnende Haltung ein, die sich mit dem Sechstagekrieg in Israel 1967 verschärfte.

Antisemitismus nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland

Die nationalsozialistischen Massenverbrechen endeten mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945. Nach dem Holocaust war die Judenfeindschaft in Deutschland aber keineswegs verschwunden. Antisemitische Einstellungen und Vorurteile waren in der deutschen Bevölkerung nach wie vor weit verbreitet. Auch heute noch zeigt sich Antisemitismus in allen Gesellschaftsschichten. Antisemitische Ansichten und Vorurteile drücken sich gegenwärtig unter anderem in Verschwörungstheorien, in der Relativierung des Holocaust oder in vermeintlicher Israelkritik aus. In den letzten Jahren hat die Anzahl antisemitischer Vorfälle und Straftaten in Deutschland zugenommen. Diese reichen von Schmierereien, Beschädigungen jüdischer Einrichtungen und Beleidigungen bis hin zu körperlicher Gewalt gegen Jüdinnen*Juden.

Sinti* und Roma* in Deutschland

Sinti* sind seit rund 600 Jahren im Gebiet des heutigen Deutschlands ansässig, Roma* seit dem 19. Jahrhundert. Etwa 70.000 Sinti* und Roma* besitzen heute die deutsche Staatsbürgerschaft. Darüber hinaus leben ca. 80.000 Roma* ohne deutsche Staatsbürgerschaft in Deutschland. Viele Roma* kamen ab den 1950er Jahren als Arbeitskräfte nach Deutschland. Auch flüchteten viele in den 1990er Jahren vor den Kriegen im ehemaligen Jugoslawien. Gemeinsam ist den Sinti* und Roma*, dass sie immer wieder Erfahrungen mit Ausgrenzung und Diskriminierung machen.

Die Begriffe Roma* und Sinti* bezeichnen teils sehr unterschiedliche Personengruppen mit vielfältigen Erfahrungen, Hintergründen und Geschichten; darunter jenen von NS-Verfolgung, aber auch von Zuwanderung.

Diskriminierung von Sinti* und Roma* nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach 1945 waren Sinti* und Roma* weiterhin mit Ausgrenzung und Diskriminierung konfrontiert. So führte die Kriminalpolizei sogenannte Landfahrerkarteien ein, in denen Roma* und Sinti* erneut systematisch erfasst wurden. Nach dem Krieg kämpften Angehörige der Minderheit jahrzehntelang für die Anerkennung des im Nationalsozialismus erlittenen Unrechts. Die Bürgerrechtsbewegung und der Zentralrat der Sinti und Roma erreichten im Jahr 1982, dass der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt die NS-Verbrechen an Sinti* und Roma* als Genozid anerkannte. Erst zwanzig Jahre später wurde in Berlin das „Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas“ eingeweiht. Bis heute erleben Roma* und Sinti* in vielen Lebensbereichen, gerade auch in Bildungseinrichtungen, Ablehnung, Misstrauen und Diskriminierung.

Die Begriffe Roma* und Sinti* bezeichnen teils sehr unterschiedliche Personengruppen mit vielfältigen Erfahrungen, Hintergründen und Geschichten; darunter jenen von NS-Verfolgung, aber auch von Zuwanderung.

Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg in Europa

Belgien

Aufgrund der beiden nach Selbstständigkeit strebenden Sprachgebiete war die Erinnerung an die Zeit der deutschen Besatzung in Belgien lange gespalten: Im französischsprachigen Teil Belgiens wurde der Widerstand in der Résistance hervorgehoben. Auf der flämischen Seite zeigte man mehr Verständnis für diejenigen, die mit der Besatzungsmacht zusammengearbeitet hatten. Das Fort Breendonk, eine Festung, in der u.a. Widerstandskämpfer*innen inhaftiert waren, wurde 1947 zur Gedenkstätte erklärt. Erst in den 1990er Jahren nahm die öffentliche Beschäftigung mit der Verfolgung der Jüdinnen*Juden in Belgien zu. Im Jahr 2012 wurde die Gedenkstätte Dossinkaserne in Mechelen eröffnet. Diese hatte von 1942 bis 1944 als Durchgangslager für die Deportationen vor allem nach Auschwitz-Birkenau gedient.

BRD und wiedervereintes Deutschland

Bis in die 1960er Jahre wurde in der BRD über die nationalsozialistischen Massenverbrechen weitgehend geschwiegen. Mitte der 1960er Jahre fingen Student*innen und Kinder der Kriegsgeneration an, kritische Fragen zu stellen. Sie forderten eine Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Die Fernsehserie „Holocaust“ verstärkte im Jahr 1979 die öffentliche Diskussion über die Ermordung der europäischen Jüdinnen*Juden. Seit den 1980er Jahren wächst die Zahl an Gedenkorten und Gedenkstätten zur Erinnerung an das NS-Unrecht kontinuierlich an. Im Jahr 1996 wurde der 27. Januar zum „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ erklärt. Vielen Verfolgtengruppen blieb eine rechtliche und öffentliche Anerkennung allerdings jahrzehntelang verwehrt, einige kämpfen bis heute um öffentliche Sichtbarkeit.

Frankreich

Der Widerstand gegen die deutsche Besatzungsmacht war lange Zeit das zentrale Thema der französischen Erinnerungskultur. Die Kollaboration, die Zusammenarbeit zwischen Französ*innen und der deutschen Besatzungsmacht, wurde hingegen bis in die 1980er Jahre einer Minderheit zugeschrieben. Wissenschaftliche Publikationen und Filme änderten dies allmählich und führten zu einer breiteren gesellschaftlichen Auseinandersetzung. Mehrere Gedenktage erinnern heute an die Zeit der Besatzung und an den Krieg sowie an die Befreiung von Paris, an das Kriegsende oder an Menschen, die in Konzentrationslager deportiert wurden. Mittlerweile gibt es in Frankreich zahlreiche Gedenkstätten, die an den Widerstand, den Holocaust, die Opfer der deutschen Repression und an weitere Verbrechen der deutschen Besatzer und des Vichy-Regimes erinnern.

Nachfolgestaaten Jugoslawiens

Von 1991 bis 2001 wurden auf dem Gebiet des damaligen Jugoslawiens mehrere Kriege zwischen verschiedenen Nachfolgestaaten und ethnischen Gruppen geführt. In Folge dessen brachen auch Konflikte wieder auf, die bereits in der Zeit der deutschen Besatzung von 1941 bis 1945 bestanden hatten. Die wieder zum Leben erweckten Erinnerungen an während des Zweiten Weltkriegs begangene Verbrechen gegenüber einzelnen Bevölkerungsgruppen schürten Ängste und erzeugten Gewalt. Der wiederauflebende Nationalismus führte in mehreren Nachfolgestaaten zu einem Bruch mit den unter Tito verbreiteten Geschichtsbildern. Strömungen, die mit den Nationalsozialist*innen zusammengearbeitet hatten, wurden teilweise rehabilitiert und zugleich wurde der Befreiungskampf der kommunistischen Partisan*innen entwertet.

Geschichte Jugoslawiens

Jugoslawien existierte zwischen den Jahren 1918 und 1941 als Königreich. Es umfasste die Gebiete des heutigen Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien, Serbien, Montenegro sowie den größten Teil des heutigen Slowenien und Kroatien. Im Zweiten Weltkrieg wurde Jugoslawien von italienischen und deutschen Truppen besetzt. Nach der Besatzungszeit schlossen sich die Teilstaaten 1945 zunächst zur Föderativen Volksrepublik, später dann zur Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien zusammen. Diese wurde von der Kommunistischen Partei mit ihrem Vorsitzenden Josip Broz, genannt Tito, regiert. 1991 erklärten Slowenien und Kroatien ihre Unabhängigkeit. In der Folge kam es zu einer Serie von Kriegen, die bis 1999 andauerte. Heute existieren sechs völkerrechtlich anerkannte Nachfolgestaaten. Der Status des Kosovo ist umstritten.

Die Niederlande

Bis in die 1960er Jahre wurden in der niederländischen Erinnerungskultur die eigene Kollaboration mit dem deutschen Besatzungsregime und die jüdischen Opfer kaum bedacht. Der Fokus lag vielmehr auf dem Leiden und dem Widerstand der nichtjüdischen Bevölkerung unter der deutschen Besatzung. Ab den 1970er Jahren setzte ein Erinnerungswandel ein. Die Kollaboration von Niederländer*innen, jüdische Verfolgte und weitere Opfergruppen gerieten zunehmend ins Blickfeld. Ehemalige Orte der politischen und rassistischen Verfolgung sind seither in großer Zahl zu Gedenkorten umgewandelt worden. Der 4. Mai ist zudem seit Kriegsende dem Gedenken an die Toten gewidmet. An ihm finden im ganzen Land zwei Schweigeminuten statt. Der 5. Mai, der Tag der Befreiung, ist schließlich seit 1990 ein nationaler Feiertag.

Polen

Die deutsche Besetzung Polens im Zweiten Weltkrieg ist ein zentrales Thema der polnischen Erinnerungskultur. Dabei wird vor allem der polnische Widerstand betont. Bis 1987 wurden in Polen ca. 17.500 Gedenktafeln und Erinnerungsstätten eingerichtet, die an nationalsozialistische Verbrechen erinnern. Erst nach der politischen Wende in Osteuropa wurde es zu Beginn der 1990er Jahre möglich, auch an Verbrechen zu erinnern, die während der sowjetischen Besatzung Ostpolens von 1939 bis 1941 begangen wurden.

Obwohl von den sechs Millionen unter deutscher Besatzung ermordeten Pol*innen die Hälfte Jüdinnen*Juden waren, fand auch der Holocaust erst ab 1990 größere öffentliche Aufmerksamkeit. Seit der nationalkonservativen Wende in Polen wird eine Aufarbeitung der polnischen Mitwirkung am Holocaust erschwert.

Die kommunistische Herrschaft in Polen

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs übernahm die kommunistische Partei in Polen die Macht und errichtete eine Diktatur. Der Großteil der Bevölkerung lehnte die politische Umgestaltung Polens nach sowjetischem Vorbild ab. Die schlechte wirtschaftliche Lage des Landes führte immer wieder zu Protesten, die militärisch niedergeschlagen wurden. Nach landesweiten Streiks wurde im Jahr 1980 die Gewerkschaft „Solidarność“ gegründet, die weitreichende Reformen forderte. Die Regierung verhängte daraufhin den Kriegszustand und inhaftierte Aktivist*innen. Um ihre Macht zu sichern, ließ die Regierung ab 1986 einige wenige Reformen zu. Im Jahr 1989 brach jedoch auch in Polen das kommunistische System zusammen.

Spanien

Nach Francos Tod im Jahr 1975 fehlte der politische Wille für eine Aufarbeitung von Bürgerkrieg und Diktatur. Im Gegenteil erließ das Parlament im Jahr 1977 ein Amnestiegesetz, das die Verfolgung franquistischer Verbrechen bis heute verhindert. Während über die Opfer des Franquismus geschwiegen wurde, blieben Namen und Symbole der Diktatur öffentlich sichtbar. Im Jahr 2000 gründete sich der Verein ARMH, der die Exhumierung von Massengräbern auf Eigeninitiative hin durchführt. Eine Neufassung des „Gesetzes zum historischen Andenken“ von 2007 verabschiedete das Parlament im Jahr 2021. Das neue Gesetz sieht unter anderem eine würdige Beisetzung der Opfer sowie zwei Gedenktage vor: den 31. Oktober zum Gedenken an die Opfer des Franquismus und den 8. Mai in Erinnerung an die ins Exil geflüchteten Spanier*innen.