Julia Gilfert

Enkeltochter eines Opfers der NS-„Euthanasie“-Morde

Julias Großeltern verlobten sich 1935 in Warnemünde. Im Leuchtturm der Stadt haben sich viele Besucher*innen verewigt. Julia hofft, dort einmal die Initialen ihres Großvaters zu finden.
Julia deckte als erste in der Familie die Geschichte ihres Großvaters auf. Im Jahr 2012 ließ sie einen Stolperstein für ihn verlegen.
Julia spielt gerne auf dem alten Klavier ihres Großvaters.
Julia schwärmt für Vögel. Ihre Masterarbeit hat sie über die Beziehung zwischen Menschen und Rabenvögeln geschrieben.

Julia Gilfert, geb. 1990, lebt in Bayern. Die Autorin und Wissenschaftlerin war Gründungsmitglied und Vizevorsitzende des Förderkreises Gedenkort T4 e.V.. Julias Ziel ist es, die im Nationalsozialismus verübten Krankenmorde bekannter zu machen.

Ihr Großvater Walter Frick, geb. 1908, war Dirigent und Komponist. Seine Frau und er traten bereits früh in die NSDAP ein. Im Jahr 1933 zog Walter für eine Anstellung am Opernhaus nach Rostock. Als sein Engagement dort beendet war, fand er keine Arbeit mehr. Er zog daraufhin nach Berlin, um eine Umschulung zum Musiklehrer zu machen. Nachdem er seinen Einberufungsbescheid in die Wehrmacht und eine weitere Jobabsage erhielt, erlitt er 1941 einen Nervenzusammenbruch. Sein Schwager, ein SS-Führer, sorgte für die Zwangseinlieferung in ein Sanatorium. Walter wurde 1941 in einer Tötungsanstalt ermordet.

Historischer Hintergrund

„Euthanasie“ - Morde

Im Nationalsozialismus wurde der Mord an Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen sowie an psychisch Erkrankten beschönigend „Euthanasie“ (griechisch: schöner Tod) genannt. Von 1939 bis 1945 wurden ca. 300.000 Menschen in Deutschland und den besetzten Gebieten ermordet und ca. 400.000 Menschen unfruchtbar gemacht. Ärzt*innen und Pflegepersonal töteten die Betroffenen durch Nahrungsentzug, mit Medikamenten und mit Gas. Unter den Ermordeten waren viele Kinder und Jugendliche mit Entwicklungsverzögerungen. Als sich Unmut in der Bevölkerung regte und Kirchenvertreter*innen protestierten, wurden die Gas-Morde 1941 offiziell für beendet erklärt. Die Tötungen gingen jedoch bis 1945 weiter. Die meisten der an den Morden Beteiligten mussten sich für ihr Handeln nach Kriegsende nicht verantworten.

Musik im Nationalsozialismus

Das NS-Regime lehnte moderne Musikrichtungen ab. Es setzte vielmehr auf Propagandalieder, Märsche, deutsche Klassik, Tanzmusik und Schlager mit unverfänglichen Texten. Einige Musiker*innen ließen sich von der Propaganda einspannen, andere, die sich nicht anpassen wollten, zogen sich ins Private zurück. Diejenigen, die sich den Musikvorstellungen des NS-Regimes anpassten, hatten gute Karriereoptionen. Manche Komponist*innen nutzten Elemente von Jazz und Swing, obwohl diese Musikstile aufgrund ihrer afroamerikanischen Herkunft unerwünscht waren. Jüdische und politisch unerwünschte Künstler*innen wurden schließlich aus öffentlichen Ämtern entlassen und erhielten Arbeitsverbote; für viele blieb nur die Emigration.

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